[„New-York Daily Tribune" Nr. 5547 vom 3I.Januar 1859]
Kein Beichtvater kennt die verwundbaren Stellen im
Herzen einer schönen Büßerin besser,
als die Geldmänner der Chapel Street, Lombard Street und
der Threadneedle Street
[„New-York Daily Tribune" Nr. 5659 vom 10. Juni 1859]
Berlin, 24. Mai 1859
Der Krieg,
Betrachten wir zunächst einmal die soziale
Basis, auf der die deutschen Fürsten stehen, wenn die Macht
der Umstände sie schließlich zwingen wird, sich
für eine gemeinsame Handlungsweise zu entscheiden. Es ist
Ihnen bekannt, daß die Periode von 1848 bis 1859 eine Epoche
darstellt, die in der ökonomischen Entwicklung Deutschlands
beispiellos ist. Während dieser Zeit hat es sich gewissermaßen
aus einem landwirtschaftlichen in ein industrielles Land verwandelt.
Nehmen Sie als Beispiel eine einzige Stadt, Berlin: 1848 zählte
sie kaum 50 000 männliche und weibliche Fabrikarbeiter,
während bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ihre Zahl
auf insgesamt 180 000 angewachsen ist. Nehmen Sie einen einzigen
Zweig der Industrie: Vor 1848 bildete der Wollexport nach England, Frankreich
und anderen Ländern eine der wichtigsten deutschen Ressourcen,
während gegenwärtig die in Deutschland erzeugte
Wolle kaum den Bedarf der einheimischen Fabriken deckt. Gleichzeitig
mit der Entwicklung von Fabriken, Eisenbahnen, Dampfschifffahrt
und der Erschließung von Bodenschätzen ist plötzlich
ein Kreditsystem emporgeschossen, das nicht nur dem allgemeinen
Fortschritt von Industrie und Handel entspricht, sondern durch die
aus Frankreich importierten Treibhausmanipulationen des Crédit
mobilier über seine zulässigen Grenzen hinaus
hochgetrieben wurde. Die Bauernschaft und das Kleinbürgertum,
bis vor kurzem noch die gewaltige Mehrheit der Nation, hatten sich
vor der Revolution von 1848 einfach an die alte asiatische Methode
gehalten, das Hartgeld zu horten; jetzt haben sie es aber durch
zinstragende Papiere aller Sorten, Farben und Werte ersetzt.
Die Zeiten sind jedoch vorbei, wo die Masse des deutschen
Volkes irdische Mißgeschicke als unabwendbare Heimsuchungen
des Himmels anzusehen pflegte. Man hört bereits eine leise,
aber vernehmbare Stimme im Volk die Worte murmeln: „Verantwortung! Wäre
die Revolution von 1848 nicht durch Betrug und Gewalt niedergeschlagen
worden, stünden sich Frankreich und Deutschland nicht wieder
in Waffen gegenüber. Hätten die brutalen Unterdrücker
der deutschen Revolution nicht ihre gekrönten Häupter
vor einem Bonaparte und einem Alexander gebeugt, würde
es heute keinen Krieg geben." Das ist das leise Grollen der Stimme
des Volkes, die schließlich mit Donnerschlägen
sprechen wird.
[„Das Volk" Nr. 13 vom 30. Juli 1859]
Von allen Dogmen der bigotten Politik unserer Tage
hat keine mehr Unheil angerichtet, als die, daß „um
Frieden zu haben, man sich zum Kriege rüsten muß".
Diese große Wahrheit, die sich hauptsächlich dadurch
auszeichnet, daß sie eine große Lüge
enthält, ist der Schlachtruf, welcher ganz Europa zu den
Waffen gerufen und einen solchen Landsknechtsfanatismus erzeugt
hat, daß jeder neue Friedensschluß als neue Kriegserklärung betrachtet
und gierig ausgebeutet wird. Während so die Staaten Europas
ebensoviele Heerlager geworden sind, deren Söldner vor
Begierde brennen, aufeinander loszustürzen und sich zu
Ehren des Friedens gegenseitig die Gurgeln abzuschneiden, handelt
es sich vor jedem neuen Ausbruche nur um die unbedeutende Kleinigkeit,
zu wissen, auf welche Seite man sich stellen soll. Sobald diese
nebensächliche Erwägung von den diplomatischen
Parlementairs
Unter solchen Umständen dürfen wir uns nicht
wundern, wenn die allgemeine Disposition zur Barbarei eine gewisse
Methode annimmt, die Unsittlichkeit zum System wird, die Gesetzlosigkeit
ihre Gesetzgeber und das Faustrecht seine Gesetzbücher
erhält.
[„New-York Daily Tribune" Nr. 5750 vom 27. September 1859]
Inzwischen haben wir einen Bundesgenossen bekommen
an den russischen Leibeigenen. Der Kampf, der jetzt in Rußland
zwischen der herrschenden und der beherrschten Klasse der Landbevölkerung
ausgebrochen ist, untergräbt schon jetzt das ganze System
der russischen auswärtigen Politik. Nur solange Rußland
keine innere politische Entwicklung hatte, war dies System möglich.
Aber diese Zeit ist vorbei. Die von der Regierung und dem Adel in
jeder Weise gehobene industrielle und agrikole Entwicklung ist auf
einen Grad gediehen, der die bestehenden sozialen Zustände
nicht mehr erträgt. Ihre Aufhebung ist eine Notwendigkeit
einerseits, eine Unmöglichkeit ohne gewaltsame Veränderung
andrerseits. Mit dem Rußland, das von Peter dem Großen
bis Nikolaus bestand, fällt auch die auswärtige
Politik dieses Rußlands.
Wie es den Anschein hat, ist es Deutschland vorbehalten, diese
Tatsache den Russen nicht nur mit der Feder, sondern auch mit dem
Schwert klarzumachen. Kommt es dahin, so ist das eine Rehabilitation
Deutschlands, die Jahrhunderte politischer Schmach aufwiegt.